Orientierung
Am 18. September um 18:30 Uhr konnten wir über 60 Teilnehmende aus ganz Deutschland zu unserem Online-Event „Welche Kümmerer braucht das Land? Dem Rechtspopulismus wirksam begegnen“ begrüßen. Herzlichen Dank an alle, die dabei waren!
Fragestellung
Warum sind radikale Gruppen (und Parteien) heute so erfolgreich? Welche Rolle spielen Soziale Medien und das direkte Umfeld? Wie reagiere ich auf Fake News und Populismus in meinem persönlichen Umfeld? Hilft Gegenrede? Humor? Empathie? Wann lohnt sich eine Diskussion und wann bleibt nur noch der Gesprächsabbruch?
Fakten
Wer hat diskutiert?
- Dana Buchzik (Journalistin, Kommunikationsberaterin, Buchautorin, Schwerpunkt Umgang mit Hass, Verschwörungstheorien und Radikalisierung) musste leider kurzfristig absagen
- Sie wurde würdig vertreten von Florian Chefai (Philosoph und wissenschaftlicher Koordinator am Hans-Albert-Institut mit den Themenschwerpunkten Ethik, Rechtsphilosophie und Ideengeschichte.
- Hans-Werner Gorzolka (Kreisheimatpfleger des Kreises Höxter)
Wer konnte teilnehmen?
- Die Teilnahme war wie immer kostenfrei und offen auch für weitere interessierte Personen aus Ihrem Netzwerk
Wer hat organisiert?
- Hier finden Sie alle Infos zu unserem Netzwerk
- Die Veranstaltung wurde gefördert durch die Vereinigte Volksbank eG., Brakel
Erfahrungen
Unsere Events bieten grundsätzlich die Möglichkeit zu Austausch und Vernetzung. Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Erfahrungen einbringen, und danken auch diesmal für die angeregte Diskussion!
Impulse von Florian Chefai
Radikale Gruppen versprechen immer maximale Selbstermächtigung. Erst später wird deutlich, dass es ums Gegenteil geht – um Unterwerfung. Radikale und Anführer verhalten sich wie toxische Beziehungspartner – sie isolieren Opfer von der Außenwelt.
Die grausame Seite zeigt sich oft erst dann, wenn Anhänger:innen schon zu viele soziale Brücken abgerissen haben. Vertrauenspersonen bedeuten für Anführer die größte Konkurrenz.
Diskussionen über Messenger oder Chat sind nicht hilfreich. Erfolgreiche Intervention braucht Zeit mit emotionalem Kontakt und echtem Resonanzverhältnis. Hilfreich dafür ist es, zu reflektieren:
Welchen Nutzen schafft die Radikalisierung für mein Gegenüber? Wer sich von radikalen Gruppen distanziert tut das in der Regel, weil Bedürfnisse nicht mehr erfüllt werden, die für den Eintritt wichtig waren.
Tipps:
- Hausordnung: Welche Kommunikationsmuster/Verhaltensweisen wollen wir dulden? Welche nicht? Welche Konsequenzen hat das?
- Wichtigste Regel dafür: sich ausreden lassen
- Nicht bewerten („Rassist:in“, „Verschwörungstheoretiker:in“ – wenn wir solche Vokabeln benutzen markieren wir uns selbst als „Feinde“ und kappen den Kontakt)
- Kein Faktenbingo – es geht nicht um Fakten, Überzeugungen fühlen sich für uns alle wie Besitztümer an: Sobald uns jemand bestehlen will, gehen wir in den Verteidigungsmodus, egal wie gut das Argument ist
- Fokus auf alles, was verbindet: Was schätzen wir am Gegenüber besonders? Welche gemeinsam erlebten Momente sind uns wichtig? Welche Fragen des Alltags haben nichts mit der Radikalisierung zu tun (lieber zwei Stunden über Gartenarbeit reden als einander fünf Minuten zu zerfleischen). Gemeinsamen Boden bauen und das Gegenüber erinnern, dass es eine Welt gibt, in der die Person geliebt wird und in die sie jederzeit zurückkehren kann.
Was, wenn wir der Person nicht nahestehen – lohnt sich Online-Gegenrede?
- Menschenfeindlichkeit nicht unwidersprochen zu lassen ist ein Bestandteil unserer Demokratie, ein Ideal aufgeklärter Gesellschaften
- Das ist aber nicht 1:1 auf das Internet zu übertragen: Die algorithmische Fixierung der Plattformen auf Interaktion sorgt für Negativität, Kontroverse, Hass
- Gegenrede sollte daher nicht unter einen Hass-Post (das hilft nur der Gegenseite und ist unter Umständen auch selbstgefährdend)
- Besser ist ein eigener neuer Beitrag, der die Person verlinkt, die Unterstützung braucht, ohne den ursprünglichen Post zu teilen.
Impuls von Hans-Werner Gorzolka
Wir brauchen Menschen, die …
- … sich in Jammerverzicht üben und stattdessen dorftypische Anpack-Kultur pflegen
- … erkennen, dass wir mit dem Gedankengut von Ewiggestrigen die Herausforderung von morgen keinesfalls meistern werden
- … sich auf ihre eigenen Talente und Möglichkeiten besinnen und Tag für Tag dort aktiv werden, wo sie Wirkung erzielen können: in ihren Dörfern, in ihren Vereinen, Nachbarschaften und Quartieren
- … das Füreinander und Miteinander betonen und die im visionären Begriff eines sorgenden Dorfes einen sinnstiftenden Ansatz für ihr Handeln finden
- … erkennen das Populist:innen in der Regel „Scheinriesen“ sind, deren Strategie und deren Ziele einfach zu durchschauen sind
- … Rechtspopulist:innen damit konfrontieren, dass das größte Menschheitsverbrechen auf das Konto des eigenen Lagers geht und dass sie sich zu Handlanger:innen von Autokrat:innen machen
Nachlese
- Die Teilnehmenden betonten zum Abschluss, dass ihnen die Veranstaltung Mut macht und zum Aufstehen aktiviert
- Wichtig ist, Rechtsextremen nicht das Feld überlassen, sondern sich selbst zu positionieren, Pluralität zu erhalten und anziehend zu machen
- Wir freuen uns, wenn die Veranstaltung zu diesem Ziel beigetragen hat!
- Hier finden Sie Vortrags-Infos und Hintergründe im PDF-Format:
- Hinweise auf zukünftige Events gibt es in unserem Newsletter